Angeber-Geschichten und Ehrensachen
Thema: Angeber-Geschichten und Ehrensachen
Racing is in my blood...
Michi
16.08.2013
Unser Motto für den Sommer 1984 lautete: Schluss mit den Studentinnen, wir wollen endlich die richtigen Frauen! Solche, die nicht ständig irgendwelche Launen ausleben sondern im Prinzip eh nur auf Männer wie uns warten. Ein Käfer war für dieses Vorhaben aber zu klein, es musste ein VW-Bus sein.
Das Team: mein bester Kumpel Volker und ich, beide 22 Jahre alt und voll im Studium diverser Künste, sozusagen angehende Akademiker auf Reisen, gut gebaut und kultiviert, kurz: die Welt lag uns zu Füssen und wartete nur darauf, uns ihre Kostbarkeiten zu offenbaren.
Das Auto: Volkswagen T2b Kombi, Baujahr 73, mit geschätzten 2 Millionen Kilometern als Baufahrzeug, LKW-Typisierung und daher bereits um 4.000 österreichische Schillinge unsere Basis für eine erfolgreiche Zukunft.
Der Plan: Umbau des Busses zum Wohnmobil und dann ab nach Monaco um dort zwei amerikanische Witwen im besten Alter für uns zu finden, damit wir endlich die Umsetzung unserer täglichen Genieblitze vorantreiben könnten.
Die Ausrüstung: eine rührige Summe Geldes für Sprit und Notfälle, zwei grosse Schachteln Manner-Schnittenbruch, 12 Dosen Sardinen in Öl, 5 Packerln Wasa Knäckebrot, 20 Liter Apfelsaft, 4 Stangen filterlose Camel und ein Backblech voll mit Zwetschkenkuchen, den uns Volker's Mutter als Trägersubstanz ihrer liebevollen Ratschläge mit auf den Weg gab. Für unsere persönliche Sicherheit sorgten ein aufblasbares Skelett sowie zwei Magnum Spritzpistolen für den Nahkampf.
Musik: Van Halen, Frank Zappa und Pat Metheny.
Überhaupt, Sound im weitesten Sinne war uns Künstlern schon enorm wichtig. Nicht nur dem VW-Murl wurde das Letzte abverlangt, auch das Kassettenradio wurde grundsätzlich mit Volldampf betrieben, bei geöffneten Fenstern ergab das gemeinsam mit dem Fahrtwind und den begeisterten Zurufen der Zuschauer am Wegesrand eine einmalige Klangwolke. Und genau mit dieser Wolke flogen wir in Monte Carlo ein. Ich bin zwar Berufsmusiker, aber im Herzen ein gnadenloser Racer, dem eigentlich der Gerhard Berger die Karriere gestohlen hat (aber die Geschichte schreib' ich erst, wenn die Autorevue eine BMW K 1300 R verlost).
Erstkontakt mit der der Grand Prix Strecke: St. Devote ist ein bissl gewöhnungsbedürftig, weil auf der Ideallinie der Gegenverkehr stört, Auffahrt zum Casino, die Links vorm Hotel de Paris geht auch nicht so wie sich's gehört, dann die Abfahrt zur Mirabeau, scharf anbremsen, Wahnsinn, die Curbs sind brutal hoch, Loews und dann runter zum Meer. Die Rechts vorm Tunnel nehme ich sicherheitsweise voll im zweiten Gang, jaaaa...saftig die doppelte Sperrlinie ignoriert und noch ein Porsche Cabrio überholt. Volker gibt dieser Konkurrenz sicherheitsweise zwei schnelle Salven aus der Magnum, garniert mit ein wenig Wiener Sprachkultur, damit ja keiner auf die Idee kommt, uns für Touristen zu halten. Wir sind Racer mit Witwenauftrag und daher in Eile. Der Tunnel geht locker voll und die Dritte wird bis zum Begrenzer ausgedreht. Im Radio singt Zappa was vom "...slime, oozing out from your tv-set…", aber wo ist jetzt bitte die Hafen-Schikane? Aha, gibt's nicht, daher einfach geradeaus, die Tabakkurve kommt erst jetzt, Schwimmbad passt wieder, Rascasse und dann rauf zu Start/Ziel. So, jetzt noch ein paar Runden, aber die nun richtig mit Speed.
4.Runde: St. Devote optimal erwischt, Radio spielt "Panama", Volker kühlt mit der Magnum die begeisterte Menschenmenge am Streckenrand und dann der Schock: ich bremse die Links vorm Casino ein bissl später, aber dafür wesentlich härter an, Honden, unser aufblasbares Skelett macht sich selbstständig und fliegt vorne quer übers Armaturenbrett und erschwert die Sicht und zu allem Überfluss springt so ein blöder Streckenposten in weisser Uniform mitten auf die Strasse und gibt mit seinem Schlagstock völlig unverständliche Signale. Ich verbremse mich natürlich ganz fürchterlich, Volker ballert auf diesen Schwachkopf 10 cm über seinem dämlichen weissen Uniformhelm eine 4 Meter lange Wassersalve, aber am schlimmsten ist, dass - weil der Typ nicht aufhört zu schreien - wir gezwungen sind, die Musik leiser zu drehen.
Ein ärgerlicher Blick auf die Stoppuhr bestätigt mir: in dieser Runde war ich 7/10 schneller unterwegs und jetzt diese völlig unverständliche Aktion eines übereifrigen Funktionärs. In Gedanken formulierte ich bereits mein Protestschreiben an Jean Marie Balestre.
Man merkt an meiner emotionalen Schilderung: ich war damals recht begeisterungsfähig für ernsthaftes Entertainment, aber der Herr Polizist aus Monaco zog da irgendwie nicht richtig mit. Gedichte für die Polente waren damals noch nicht erfunden, aber wir hatten ja das Skelett Honden als Vermittler formatfüllend in der Auslage zur Verstärkung parat. In der ganzen Aufregung stellte ich versehentlich den Motor komplett ab, somit verstummte auch das Radio. Vorteil: jetzt endlich konnten wir uns uneingeschränkt am Charme der französischen Exekutive erfreuen. Zusammenfassend muss man sagen: unser Radio klang wesentlich besser als die französische Tirade. Ich habe jedenfalls nur soviel verstanden, dass der Herr Streckenposten uns jetzt schon zum vierten Mal lärmend beim Casino vorbeikommen sieht und wenn wir noch ein fünftes Mal vorbeifahren und dabei immer auf seine schöne Uniform mit unseren Magnums schiessen, werden wir disqualifiziert und für ein paar Wochen gesperrt. So oder so ähnlich lautete meine optimistische Übersetzung. Was für ein Choleriker!
In der Tat glaube ich nämlich, das beim Monaco- Grand Prix 1984 genau dieser Typ es war, der unseren Niki vorm Hotel de Paris mit seinem Schlagstock ins Out befördert hat. Herr Lauda in seiner Güte sprach im ORF zwar etwas von einem Igel, der die Strasse überquert hatte, aber ich alleine kenne die unverblümte Wahrheit! Aber diese Geschichte schreibe ich erst, wenn mir jemand eine amerikanische Witwe vermittelt.
Das Team: mein bester Kumpel Volker und ich, beide 22 Jahre alt und voll im Studium diverser Künste, sozusagen angehende Akademiker auf Reisen, gut gebaut und kultiviert, kurz: die Welt lag uns zu Füssen und wartete nur darauf, uns ihre Kostbarkeiten zu offenbaren.
Das Auto: Volkswagen T2b Kombi, Baujahr 73, mit geschätzten 2 Millionen Kilometern als Baufahrzeug, LKW-Typisierung und daher bereits um 4.000 österreichische Schillinge unsere Basis für eine erfolgreiche Zukunft.
Der Plan: Umbau des Busses zum Wohnmobil und dann ab nach Monaco um dort zwei amerikanische Witwen im besten Alter für uns zu finden, damit wir endlich die Umsetzung unserer täglichen Genieblitze vorantreiben könnten.
Die Ausrüstung: eine rührige Summe Geldes für Sprit und Notfälle, zwei grosse Schachteln Manner-Schnittenbruch, 12 Dosen Sardinen in Öl, 5 Packerln Wasa Knäckebrot, 20 Liter Apfelsaft, 4 Stangen filterlose Camel und ein Backblech voll mit Zwetschkenkuchen, den uns Volker's Mutter als Trägersubstanz ihrer liebevollen Ratschläge mit auf den Weg gab. Für unsere persönliche Sicherheit sorgten ein aufblasbares Skelett sowie zwei Magnum Spritzpistolen für den Nahkampf.
Musik: Van Halen, Frank Zappa und Pat Metheny.
Überhaupt, Sound im weitesten Sinne war uns Künstlern schon enorm wichtig. Nicht nur dem VW-Murl wurde das Letzte abverlangt, auch das Kassettenradio wurde grundsätzlich mit Volldampf betrieben, bei geöffneten Fenstern ergab das gemeinsam mit dem Fahrtwind und den begeisterten Zurufen der Zuschauer am Wegesrand eine einmalige Klangwolke. Und genau mit dieser Wolke flogen wir in Monte Carlo ein. Ich bin zwar Berufsmusiker, aber im Herzen ein gnadenloser Racer, dem eigentlich der Gerhard Berger die Karriere gestohlen hat (aber die Geschichte schreib' ich erst, wenn die Autorevue eine BMW K 1300 R verlost).
Erstkontakt mit der der Grand Prix Strecke: St. Devote ist ein bissl gewöhnungsbedürftig, weil auf der Ideallinie der Gegenverkehr stört, Auffahrt zum Casino, die Links vorm Hotel de Paris geht auch nicht so wie sich's gehört, dann die Abfahrt zur Mirabeau, scharf anbremsen, Wahnsinn, die Curbs sind brutal hoch, Loews und dann runter zum Meer. Die Rechts vorm Tunnel nehme ich sicherheitsweise voll im zweiten Gang, jaaaa...saftig die doppelte Sperrlinie ignoriert und noch ein Porsche Cabrio überholt. Volker gibt dieser Konkurrenz sicherheitsweise zwei schnelle Salven aus der Magnum, garniert mit ein wenig Wiener Sprachkultur, damit ja keiner auf die Idee kommt, uns für Touristen zu halten. Wir sind Racer mit Witwenauftrag und daher in Eile. Der Tunnel geht locker voll und die Dritte wird bis zum Begrenzer ausgedreht. Im Radio singt Zappa was vom "...slime, oozing out from your tv-set…", aber wo ist jetzt bitte die Hafen-Schikane? Aha, gibt's nicht, daher einfach geradeaus, die Tabakkurve kommt erst jetzt, Schwimmbad passt wieder, Rascasse und dann rauf zu Start/Ziel. So, jetzt noch ein paar Runden, aber die nun richtig mit Speed.
4.Runde: St. Devote optimal erwischt, Radio spielt "Panama", Volker kühlt mit der Magnum die begeisterte Menschenmenge am Streckenrand und dann der Schock: ich bremse die Links vorm Casino ein bissl später, aber dafür wesentlich härter an, Honden, unser aufblasbares Skelett macht sich selbstständig und fliegt vorne quer übers Armaturenbrett und erschwert die Sicht und zu allem Überfluss springt so ein blöder Streckenposten in weisser Uniform mitten auf die Strasse und gibt mit seinem Schlagstock völlig unverständliche Signale. Ich verbremse mich natürlich ganz fürchterlich, Volker ballert auf diesen Schwachkopf 10 cm über seinem dämlichen weissen Uniformhelm eine 4 Meter lange Wassersalve, aber am schlimmsten ist, dass - weil der Typ nicht aufhört zu schreien - wir gezwungen sind, die Musik leiser zu drehen.
Ein ärgerlicher Blick auf die Stoppuhr bestätigt mir: in dieser Runde war ich 7/10 schneller unterwegs und jetzt diese völlig unverständliche Aktion eines übereifrigen Funktionärs. In Gedanken formulierte ich bereits mein Protestschreiben an Jean Marie Balestre.
Man merkt an meiner emotionalen Schilderung: ich war damals recht begeisterungsfähig für ernsthaftes Entertainment, aber der Herr Polizist aus Monaco zog da irgendwie nicht richtig mit. Gedichte für die Polente waren damals noch nicht erfunden, aber wir hatten ja das Skelett Honden als Vermittler formatfüllend in der Auslage zur Verstärkung parat. In der ganzen Aufregung stellte ich versehentlich den Motor komplett ab, somit verstummte auch das Radio. Vorteil: jetzt endlich konnten wir uns uneingeschränkt am Charme der französischen Exekutive erfreuen. Zusammenfassend muss man sagen: unser Radio klang wesentlich besser als die französische Tirade. Ich habe jedenfalls nur soviel verstanden, dass der Herr Streckenposten uns jetzt schon zum vierten Mal lärmend beim Casino vorbeikommen sieht und wenn wir noch ein fünftes Mal vorbeifahren und dabei immer auf seine schöne Uniform mit unseren Magnums schiessen, werden wir disqualifiziert und für ein paar Wochen gesperrt. So oder so ähnlich lautete meine optimistische Übersetzung. Was für ein Choleriker!
In der Tat glaube ich nämlich, das beim Monaco- Grand Prix 1984 genau dieser Typ es war, der unseren Niki vorm Hotel de Paris mit seinem Schlagstock ins Out befördert hat. Herr Lauda in seiner Güte sprach im ORF zwar etwas von einem Igel, der die Strasse überquert hatte, aber ich alleine kenne die unverblümte Wahrheit! Aber diese Geschichte schreibe ich erst, wenn mir jemand eine amerikanische Witwe vermittelt.